Was bei einer Mittelohrentzündung beim Kinderarzt passiert und ab wann Antibiotika zum Einsatz kommen, erklärt Euch unsere Expertin Jessica Kilonzo, Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin.
Dein Kind fühlt sich heiß an, weint und hält sich das Ohr. Vorsichtig versuchst Du Deine Tochter oder Deinen Sohn zu beruhigen. Aber Ablenkung hilft nicht. Das Weinen hört einfach nicht auf und Du fragst Dich, ob Dein Kind vielleicht Schmerzen hat. Nach einigem Nachfragen bekommst Du die Auskunft, dass das Ohr wehtut. Du hast gelesen, dass 75 bis 90 Prozent aller Kinder vor ihrem dritten Geburtstag mindestens eine Mittelohrentzündung durchmachen. Jetzt ist der Rat Eures Kinderarztes gefragt. Ob Dein Kind wohl gleich Antibiotika bei Mittelohrentzündung nehmen muss?

Fakten zu Antibiotika bei Mittelohrentzündung
- Die Hälfte der Mittelohrentzündungen wird von Bakterien ausgelöst, die andere Hälfte von Viren.
- Antibiotika helfen nur gegen Bakterien.
- Schmerzmittel und abschwellende Nasentropfen befreien Dein Kind am schnellsten von seinen starken Ohrenschmerzen.
- Eine Impfung gegen Pneumokokken reduziert das Risiko an einer Mittelohrentzündung zu erkranken deutlich.
- Stillen kann das Erkrankungsrisiko für Dein Kind ebenfalls senken.
Was bei einer Mittelohrentzündung passiert
Hinter dem Trommelfell liegt das Mittelohr. Dieser kleine luftgefüllte Raum ist über die Ohrtrompete mit dem Mund verbunden. Die Ohrtrompete oder Eustachische Röhre ist für die Belüftung und den Druckausgleich im Mittelohr zuständig. Wenn Du schluckst oder Druck im Mund aufbaust, kannst Du es spüren und sogar ein Knacken hören.
Es gelangt aber nicht nur Luft durch die Ohrtrompete, sondern auch Keime. Im Rahmen einer Erkältung wandern sie ins Mittelohr und können dort eine schmerzhafte Entzündung verursachen.
Die Schleimhaut produziert Sekret, schwillt an und baut Druck auf. Dein Kind empfindet einen stechenden Schmerz am Trommelfell, wenn es an einer Mittelohrentzündung erkrankt. Es weint, hält sich das Ohr und entwickelt eventuell Fieber.
Mit Mittelohrentzündung beim Kinderarzt
Hast Du den Verdacht, dass Dein Kind starke Ohrenschmerzen hat, gehst Du am besten mit ihm zu Eurem Kinderarzt. Der Mediziner schaut mit seinem Ohrenspiegel (einer kleinen Lampe mit Trichter) in den Gehörgang und beurteilt den Zustand des Trommelfells und des Mittelohrs.
So kann er sehen, ob eine Mittelohrentzündung vorliegt, ob sich Flüssigkeit oder Eiter hinter dem Trommelfell befindet und ob das Trommelfell noch intakt ist. Das kann nämlich bei einer bakteriellen Entzündung einen Riss bekommen, um den Eiter und den damit einhergehenden Druck zu entlasten.
Über den Gehörgang gelangt der Eiter nach draußen. Das Trommelfell wächst nach Abheilung der Mittelohrentzündung wieder zu. Reißt das Trommelfell öfter, können sich allerdings Narben bilden und Dein Kind kann Probleme mit dem Hören bekommen. In diesem speziellen Fall hilft der HNO-Arzt weiter.
Wie der Kinderarzt eine Mittelohrentzündung behandelt
Den ersten Schritt bei Ohrenschmerzen kannst Du bereits zu Hause selber machen, bevor Du mit Deinem Kind zum Kinderarzt gehst. Lindere die stechenden Schmerzen mit Ibuprofen oder Paracetamol und gib Deinem Kind abschwellende Nasentropfen für Säuglinge oder je einen Hub Kindernasenspray in jedes Nasenloch.
So kann die Ohrtrompete abschwellen und der Druck im Mittelohr sinkt. Der Kinderarzt kann Dein Kind besser untersuchen und den Befund am Ohr kannst Du nicht verfälschen.
Gleich Antibiotika bei Mittelohrentzündung oder erst mal abwarten?
Viele Eltern erwarten jetzt bei der Diagnose Mittelohrentzündung ein Antibiotikum als Behandlung. Ist Dein Kind aber älter als sechs Monate, das Trommelfell intakt und kein Eiter zu sehen, wartet der Kinderarzt in der Regel ab. Er wird Dir empfehlen, die Therapie mit Schmerzmitteln und Nasentropfen weiterzuführen und Dein Kind zu beobachten.
Quellenangaben:
- Schönau et al., Pädiatrie integrativ, Konventionelle und komplementäre Therapie, Urban & Fischer
- Stephan Illing, Martin Claßen; Klinikleitfaden Pädiatrie; Urban & Fischer, München 2009