Die bundesweite „Familienstartzeit“ hat das Ziel, frisch gebackenen Eltern, insbesondere Vätern, die Möglichkeit zu geben, sich intensiver um ihre neugeborenen Kinder zu kümmern und gleichzeitig ihre Partnerinnen zu unterstützen. Diese Maßnahme soll die Vereinbarkeit von Familie und Beruf fördern und die Geschlechterrollen in der Betreuung und Erziehung der Kinder neu definieren.

Was ist die Familienstartzeit
Die Familienstartzeit soll eine vergütete Freistellung für Partner nach der Geburt eines Kindes ermöglichen. In erster Linie zielt sie darauf ab, die frischgebackenen Eltern in den ersten Wochen nach der Geburt zu entlasten. Während dieser Zeit können sie sich vermehrt der Betreuung des Kindes widmen und die Mutter bei der Regeneration und Pflege des Neugeborenen unterstützen. Dies trägt nicht nur dazu bei, dass die Mutter sich schneller erholen kann, sondern stärkt auch die Bindung zwischen den Eltern und dem Kind von Anfang an.
Die Familienstartzeit soll auch dazu beitragen, die traditionellen Geschlechterrollen in Bezug auf die Kinderbetreuung aufzubrechen. In vielen Gesellschaften wird die Verantwortung für die Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern immer noch hauptsächlich den Müttern zugeschrieben. Dies kann dazu führen, dass Frauen berufliche Nachteile erfahren und Männer sich weniger in die Kindererziehung einbringen. Durch die Einführung einer vergüteten Freistellung für Väter sollen Männer ermutigt werden, eine aktivere Rolle in der Kinderbetreuung zu übernehmen, was langfristig zu einer ausgewogeneren Verteilung der familiären Betreuungsarbeit beitragen kann.
Darüber hinaus kann die Familienstartzeit auch dazu beitragen, den Druck auf junge Familien zu reduzieren. Die ersten Wochen nach der Geburt können sowohl für die Mutter als auch für den Vater stressig sein, da sie sich gleichzeitig um das Neugeborene kümmern und ihre beruflichen Verpflichtungen erfüllen müssen. Die Freistellung ermöglicht es beiden Elternteilen, sich auf die neue Lebenssituation einzustellen, ohne sich Sorgen um den Arbeitsplatz machen zu müssen.
SAP führt sechs Wochen bezahlte Freistellung für junge Väter ein
Der Softwarekonzern SAP setzt ein Zeichen in Sachen Familienfreundlichkeit, indem er jungen Vätern die Möglichkeit bietet, die ersten sechs Wochen nach der Geburt ihres Kindes bezahlt freizunehmen. Diese großzügige Regelung, die ab dem kommenden Jahr in Deutschland in Kraft treten wird, zeigt das Engagement von SAP für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Cawa Younosi, der Personalchef von SAP in Deutschland, betonte, dass diese Maßnahme dazu dienen soll, zu zeigen, dass Familienvereinbarkeit und beruflicher Erfolg keine unvereinbaren Gegensätze sind. SAP ist bereit, mehrere Millionen Euro pro Jahr für diese Freistellung zu investieren und erwartet, dass etwa 700 bis 800 junge Väter jährlich von diesem Angebot Gebrauch machen werden.
Die Bundesregierung hatte zuvor im Koalitionsvertrag die Einführung einer zweiwöchigen vergüteten Freistellung für Partner nach der Geburt eines Kindes angekündigt. Diese wurde unter verschiedenen Namen diskutiert, darunter Vaterschaftsurlaub und Väterzeit. SAP bezeichnet sein Programm als „Partnerzeit“.
Obwohl SAP mit dieser Maßnahme als Vorreiter in der deutschen Unternehmenslandschaft gilt, haben andere DAX-Unternehmen unterschiedliche Reaktionen auf diese Entwicklung gezeigt. Die meisten betonen, dass sie bestehende Angebote zur Familienfreundlichkeit haben und sich an geltende Gesetze halten werden.
Einige Unternehmen äußerten jedoch Bedenken hinsichtlich der finanziellen Belastung, die eine solche Regelung für sie darstellen könnte. Siemens beispielsweise befürwortet zwar die Idee einer Väterzeit, plädierte jedoch dafür, dass die Freistellung aus Steuermitteln finanziert werden sollte, anstatt sie den Arbeitgebern aufzuerlegen.
Die Einführung dieser Maßnahme unterstreicht die wachsende Bedeutung der Diskussion über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland und die Bereitschaft der Unternehmen, sich aktiv an der Förderung dieser Vereinbarkeit zu beteiligen. Sie könnte dazu beitragen, die Balance zwischen Arbeitsleben und Familienleben zu verbessern und die Rolle der Väter bei der Betreuung ihrer Kinder zu stärken.
Laut einer aktuellen Umfrage gewähren viele Unternehmen in Deutschland ihren Mitarbeitern nach der Geburt eines Kindes keinen oder kaum Sonderurlaub. In 44 Prozent der befragten Unternehmen gibt es keinen Sonderurlaub für Väter, während etwa ein Viertel der Unternehmen einen Tag gewährt und weitere 26 Prozent zwei Tage Sonderurlaub gewähren. Nur vier Prozent der Unternehmen bieten mehr als zwei Tage Sonderurlaub an.
Die Einführung der „Partnerzeit“ bei SAP und die Diskussion über eine bundesweite „Familienstartzeit“ verdeutlichen die Notwendigkeit, die Wahrnehmung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der deutschen Unternehmenskultur zu stärken. Trotz einiger Bedenken seitens der Arbeitgeberverbände könnte diese Entwicklung einen positiven Schritt in diese Richtung darstellen.
Quellen und Links:
https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/familienpolitik-ampelkoalition-100.html